Eltern auf Probe
„Mein Baby weint!“ „Und meins hat Hunger!“ „Aber meins schläft schon seit einer Stunde.“ So unterhielten sich einige Schülerinnen der Leonardo da Vinci Gesamtschule über „IHRE“ Babies.
Im Rahmen der Projektwoche „Liebe, Beziehung, Sexualität“ in Jahrgang 9 konnten acht Mädchen an vorbereiteten Babysimulatoren erfahren, was es bedeutet, für einen Säugling rund um die Uhr verantwortlich zu sein. Die speziellen „Babypuppen“ sind auf die Bedürfnisse eines Säuglings programmiert und die Schülerinnen waren während der Projekttage für ihr Wohlergehen verantwortlich. In einer Auswertung am Ende der Woche zeigte sich dann, wer „sein“ Baby gut versorgt hatte. Das Projekt, das in Kooperation mit der Caritas Schwangerschaftsberatung „Rat und Hilfe“ angeboten wurde, war eines von vielen Workshops, die die Schülerinnen und Schüler während der dreitägigen Projekttage belegen konnten.
Den Organisatoren, Silke Szepannek, Ulrike Edel und Schulsozialarbeiter Florian Stoelk, war es wichtig, Angebote zu schaffen, die sich lebensnah und vielfältig mit den verschiedenen Aspekten von Liebe, Sexualität und Partnerschaft beschäftigen und auch den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit einräumten, eigene Schwerpunkte zu setzen. Die Schule setzte dabei sowohl auf Angebote externer Fachleute als auch auf eigene sexualpädagogische Methoden, die durch die Klassenlehrerinnen und -lehrer in zeitweise getrennten Jungen- und Mädchengruppen durchgeführt wurden.
Die angehende Medizinerin Anna Edel klärte in einem Workshop über die Erscheinungsbilder und Prävention von Geschlechtskrankheiten auf, ein Workshop der AWO-Hückelhoven ermöglichte Einblicke in das Leben eines HIV-Erkrankten und sensibilisierte so auf eine sehr persönliche Weise für das Thema AIDS. Die gynäkologische Praxis von Dr. Legewie in Ratheim öffnete den Schülerinnen und Schülern an diesem Tag die Tür, um ihre Fragen zu beantworten. Eine weitere Schülergruppe brach zu einer Exkursion in die brandneuen Aachener C3-Kliniken für ambulante und kurzstationäre gynäkologische Operationen auf, wo ihnen die Chefärztin Fr. Dr. Esther Kaldenhoff sowohl gynäkologische Eingriffe erläuterte als auch Einblicke rund um das medizinische Berufsfeld bot.
Einen Ausblick auf ganz andere Aspekte der Sexualität boten der evangelische Pfarrer Jochen Gürtler und die Religionslehrer Marita Rosenthal-Becher und Georg Dickmann, die die Frage nach „Sex ohne Liebe?“ aufwarfen. Ein weiterer Workshop setzte sich mit den medialen Erscheinungsformen der Sexualität und ihren Auswirkungen auf unsere Vorstellungen von Intimität auseinander. „Wer bin ich?“ „Bin ich schön?“, über diese Fragen und ihre Vorstellung von Rollenbildern verständigte sich eine Mädchengruppe. Das Projekt „SchLAu Aachen“ gab schließlich auch dem Thema Homo- und Bisexualität Raum und klärte über die Lebenslagen und -formen schwuler und lesbischer Partnerschaften auf.
Die Resonanz der 9. Klässler war sehr groß und auch die Klassenlehrerinnen und -lehrer lernten ihre Schülerinnen und Schüler positiv von einer ganz neuen Seite kennen. „Ich war überrascht und froh, wie reflektiert und reif meine Mädchen bereits über diese Themen denken“, freute sich Klassenlehrerin Ulrike Lambertz.
Neben den Projekttagen zur Drogenprävention und Medienerziehung plant die Schule, nach einer Evaluation durch die Schülerinnen und Schüler, die Projekttage „Liebe, Beziehung, Sexualität“ dauerhaft als pädagogischen Baustein zu etablieren.